Blutspenden in Deutschland -
Über die Diskriminierung von Homo- und Bisexuellen
Lorena Wierschem
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“, so lautet Artikel 3 unseres Grundgesetzes. Wie in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens bleibt dieser Grundsatz jedoch auch beim Thema Blutspende vorerst nur Theorie.
Die Gewinnung von Blut wird hierzulande seit 1998 durch das deutsche Transfusionsgesetz und weiteren Transfusionsrichtlinien geregelt. Die Gesetze sind als Reaktion auf die Ausbreitung des damals neuartigen, medizinisch unerforschten HI-Virus in den 1980er-Jahren erlassen worden, nachdem sich Hunderte Personen durch Bluttransfusionen mit dem HI-Virus infiziert hatten. Vor diesem Hintergrund wurde beschlossen, bestimmte „Risikogruppen“, die statistisch ein hohes HIV-Risiko hätten, nicht zur Blutspende zuzulassen. Neben Transpersonen, Drogenabhängigen, Prostituierten und Häftlingen aller Geschlechter waren schwule und bisexuelle Männer in Deutschland pauschal von der Blutspende ausgeschlossen.
Seit 2017 dürfen Männer, die mit anderen Männern Sex haben, in Deutschland nur dann Blut spenden, wenn seit ihrem letzten sexuellen Kontakt mindestens 12 Monate vergangen sind. Für heterosexuelle Spender*innen gilt diese Regelung nicht. Die Bundesärztekammer begründet diese Regelung weiterhin mit der erhöhten Gefahr einer HIV-Infektion bei homo- oder bisexuellen Männern.
Zwar sind Männer, die Sex mit Männern haben, statistisch tatsächlich häufiger von HI-Virus betroffen als andere potenzielle Spendergruppen, dennoch wird durch die aktuelle Gesetzeslage, die einem Blutspendeverbot gleichkommt, eine ganze Gruppe aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Weil sich die Lebensrealitäten homosexueller und heterosexueller Partnerschaften nicht unterscheiden, sollten sie auch gesetzlich gleichgestellt werden.
Bei heterosexuellen Spender*innen wird nämlich, anders als bei homo- und bisexuellen Männern, das tatsächliche Sexualverhalten als Zulassungskriterium herangezogen. Entscheidend ist dabei die Anzahl der Sexualpartner. Wer also häufig wechselnde Sexualpartner hat, wird von der Blutspende ausgeschlossen. Kritiker fordern deshalb, diese Regelung einheitlich auch auf homo- oder bisexuelle Männer anzuwenden. Andere EU-Länder wie Italien, Portugal, Spanien oder Polen verwenden dieses Kriterium bereits für alle Spendergruppen einheitlich.
Laut der deutschen Aidshilfe fehle außerdem für die gewählte 12 Monatsfrist eine fachliche Grundlage. Es ließe sich bereits mit einem üblichen Antikörpertest eine HIV-Infektion nach etwa sechs Wochen ausschließen. In anderen Staaten wie z.B. Großbritannien oder auch Dänemark, gibt es bereits kürzere Fristen für betroffene Spender. Dort beläuft sich die Wartezeit auf drei bzw. vier Monate. Auch in der Politik gibt es immer wieder Stimmen für die Abschaffung der Regelung. „Blut ist nicht schwul oder hetero“, so der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und intersexuellen Jens Brandenburg, der die Regelung diskriminierend und „lebensfremd“ findet. Gemeinsam mit seiner Fraktion hat er 2020 eine Änderung des Transfusionsgesetzes beantragt, die eine „Diskriminierung potenzieller Blutspender*innen wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität“ ausschließen sollte. Doch bislang hatten Anträge wie diese weder auf Bundes- noch auf Länderebene Erfolg. Der Lesben und Schwulenverband kritisiert zudem die gesonderte Nennung von Transpersonen und deren Einstufung als Risikogruppe. Die Erwähnung von Transpersonen, also von Personen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht identifizieren, sei überflüssig und stigmatisierend. Die Transgeschlechtlichkeit sage nichts über die sexuelle Orientierung oder das tatsächliche Sexualverhalten aus.
Dagegen warnt der zentrale Blutspendedienst des DRK in Niedersachsen davor, dass auch neue unbekannte Erreger auftreten könnten und die Wartezeit von 12 Monaten daher eine notwendige Vorsichtsmaßnahme sei. Den Vorwurf der Diskriminierung weist dessen Pressesprecher Markus Baulke dagegen aber zurück. Eine Rückstellung der Blutspende erfolge nicht aufgrund stereotypischer Wertvorstellungen, sondern basiere auf medizinisch-wissenschaftlichen Studien.
Dabei ist insbesondere während der anhaltenden Coronavirus SARS-CoV-2-Epidemie die Gewinnung von ausreichenden Blutpräparaten besonders wichtig. Sollte das Infektionsgeschehen sich weiter stark ausbreiten, könnte die Versorgungslage sich verschärfen. Laut dem Deutschen Roten Kreuz müssen in Deutschland an jedem Werktag mindestens 15.000 Blutspenden gewonnen werden, um die Versorgung schwerkranker Patient*innen zu gewährleisten. Wegen der Corona-Pandemie entfallen Anlässe für Blutspenden in Firmen oder mobilen Blutspende-Bussen.
Trotzdem ist Gesundheitsminister Jens Spahn gegen eine Änderung der bestehenden Blutspenderegelung und verweist auf die Risikobewertung des Robert-Koch-Insitut (RKI) in der Frage um die Änderung der Transfusionsrichtlinien. Vielmehr sei Spahn wichtig, dass der Schutz der Empfänger von Blutspenden „an erster Stelle“ stehe, so schreibt er in einem Brief an FDP-Abgeordnete, die sich für eine Änderung des Transfusionsgesetz einsetzen. So heißt es weiter in dem Schreiben, dass zwar „jeder Anschein einer Diskriminierung aufgrund sexueller Identität“ ausgeschlossen werden müsse, laut Spahn würde es aber an alternativen Methoden mangeln. Dass es jedoch andere Methoden und Kriterien gibt, mit denen die Sicherheit der Blutspende bedenkenlos gewährleistet werden könnte, beweisen andere Länder und die Bewertungen und Erkenntnisse medizinischer Experten.
Du würdest gern Blut spenden? Grundsätzlich darf jede Person zwischen 18 und 68 Jahren spenden. Adressen in deiner Nähe findest du zum Beispiel auf der Website des DRK (www.drk-blutspende.de).
Die Gewinnung von Blut wird hierzulande seit 1998 durch das deutsche Transfusionsgesetz und weiteren Transfusionsrichtlinien geregelt. Die Gesetze sind als Reaktion auf die Ausbreitung des damals neuartigen, medizinisch unerforschten HI-Virus in den 1980er-Jahren erlassen worden, nachdem sich Hunderte Personen durch Bluttransfusionen mit dem HI-Virus infiziert hatten. Vor diesem Hintergrund wurde beschlossen, bestimmte „Risikogruppen“, die statistisch ein hohes HIV-Risiko hätten, nicht zur Blutspende zuzulassen. Neben Transpersonen, Drogenabhängigen, Prostituierten und Häftlingen aller Geschlechter waren schwule und bisexuelle Männer in Deutschland pauschal von der Blutspende ausgeschlossen.
Seit 2017 dürfen Männer, die mit anderen Männern Sex haben, in Deutschland nur dann Blut spenden, wenn seit ihrem letzten sexuellen Kontakt mindestens 12 Monate vergangen sind. Für heterosexuelle Spender*innen gilt diese Regelung nicht. Die Bundesärztekammer begründet diese Regelung weiterhin mit der erhöhten Gefahr einer HIV-Infektion bei homo- oder bisexuellen Männern.
Zwar sind Männer, die Sex mit Männern haben, statistisch tatsächlich häufiger von HI-Virus betroffen als andere potenzielle Spendergruppen, dennoch wird durch die aktuelle Gesetzeslage, die einem Blutspendeverbot gleichkommt, eine ganze Gruppe aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Weil sich die Lebensrealitäten homosexueller und heterosexueller Partnerschaften nicht unterscheiden, sollten sie auch gesetzlich gleichgestellt werden.
Bei heterosexuellen Spender*innen wird nämlich, anders als bei homo- und bisexuellen Männern, das tatsächliche Sexualverhalten als Zulassungskriterium herangezogen. Entscheidend ist dabei die Anzahl der Sexualpartner. Wer also häufig wechselnde Sexualpartner hat, wird von der Blutspende ausgeschlossen. Kritiker fordern deshalb, diese Regelung einheitlich auch auf homo- oder bisexuelle Männer anzuwenden. Andere EU-Länder wie Italien, Portugal, Spanien oder Polen verwenden dieses Kriterium bereits für alle Spendergruppen einheitlich.
Laut der deutschen Aidshilfe fehle außerdem für die gewählte 12 Monatsfrist eine fachliche Grundlage. Es ließe sich bereits mit einem üblichen Antikörpertest eine HIV-Infektion nach etwa sechs Wochen ausschließen. In anderen Staaten wie z.B. Großbritannien oder auch Dänemark, gibt es bereits kürzere Fristen für betroffene Spender. Dort beläuft sich die Wartezeit auf drei bzw. vier Monate. Auch in der Politik gibt es immer wieder Stimmen für die Abschaffung der Regelung. „Blut ist nicht schwul oder hetero“, so der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und intersexuellen Jens Brandenburg, der die Regelung diskriminierend und „lebensfremd“ findet. Gemeinsam mit seiner Fraktion hat er 2020 eine Änderung des Transfusionsgesetzes beantragt, die eine „Diskriminierung potenzieller Blutspender*innen wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität“ ausschließen sollte. Doch bislang hatten Anträge wie diese weder auf Bundes- noch auf Länderebene Erfolg. Der Lesben und Schwulenverband kritisiert zudem die gesonderte Nennung von Transpersonen und deren Einstufung als Risikogruppe. Die Erwähnung von Transpersonen, also von Personen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht identifizieren, sei überflüssig und stigmatisierend. Die Transgeschlechtlichkeit sage nichts über die sexuelle Orientierung oder das tatsächliche Sexualverhalten aus.
Dagegen warnt der zentrale Blutspendedienst des DRK in Niedersachsen davor, dass auch neue unbekannte Erreger auftreten könnten und die Wartezeit von 12 Monaten daher eine notwendige Vorsichtsmaßnahme sei. Den Vorwurf der Diskriminierung weist dessen Pressesprecher Markus Baulke dagegen aber zurück. Eine Rückstellung der Blutspende erfolge nicht aufgrund stereotypischer Wertvorstellungen, sondern basiere auf medizinisch-wissenschaftlichen Studien.
Dabei ist insbesondere während der anhaltenden Coronavirus SARS-CoV-2-Epidemie die Gewinnung von ausreichenden Blutpräparaten besonders wichtig. Sollte das Infektionsgeschehen sich weiter stark ausbreiten, könnte die Versorgungslage sich verschärfen. Laut dem Deutschen Roten Kreuz müssen in Deutschland an jedem Werktag mindestens 15.000 Blutspenden gewonnen werden, um die Versorgung schwerkranker Patient*innen zu gewährleisten. Wegen der Corona-Pandemie entfallen Anlässe für Blutspenden in Firmen oder mobilen Blutspende-Bussen.
Trotzdem ist Gesundheitsminister Jens Spahn gegen eine Änderung der bestehenden Blutspenderegelung und verweist auf die Risikobewertung des Robert-Koch-Insitut (RKI) in der Frage um die Änderung der Transfusionsrichtlinien. Vielmehr sei Spahn wichtig, dass der Schutz der Empfänger von Blutspenden „an erster Stelle“ stehe, so schreibt er in einem Brief an FDP-Abgeordnete, die sich für eine Änderung des Transfusionsgesetz einsetzen. So heißt es weiter in dem Schreiben, dass zwar „jeder Anschein einer Diskriminierung aufgrund sexueller Identität“ ausgeschlossen werden müsse, laut Spahn würde es aber an alternativen Methoden mangeln. Dass es jedoch andere Methoden und Kriterien gibt, mit denen die Sicherheit der Blutspende bedenkenlos gewährleistet werden könnte, beweisen andere Länder und die Bewertungen und Erkenntnisse medizinischer Experten.
Du würdest gern Blut spenden? Grundsätzlich darf jede Person zwischen 18 und 68 Jahren spenden. Adressen in deiner Nähe findest du zum Beispiel auf der Website des DRK (www.drk-blutspende.de).